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10.12.2012

Vietnam: Über den Highway 1 Richtung Hué

Auf dem Highway 1 erlebt man so einiges. Freude und Trauer, Leben und Sterben liegen hier nahe beieinander. Auf dem Weg nach Hue bekommen wir Einblick in eine Strasse, die eigentlich schon fast eine Legende ist und die man – wohl oder übel – wahrscheinlich einfach erlebt haben muss.

Um die morgendliche Rushhour in Hanoi so gut wie möglich zu umfahren, geht unsere Reise früh los. So schaffen wir es, (fast) ohne Stau aus der Stadt herauszukommen. Die Herausforderungen im Verkehr werden jedoch dadurch nicht kleiner: Vor dem Highway 1, der grösste Strasse in Vietnam, wurden wir schon häufig gewarnt und diese Voraussagen bestätigen sich. Wer auch immer hier die Überholverbote aufgestellt hat, es muss entweder ein hoffnungsloser Optimist oder ein gnadenloser Zyniker gewesen sein: Hier gilt das Gesetz des Stärkeren, egal auf wessen Fahrbahn man sich befindet. Für den entgegenkommenden überholenden Lastwagen ist es klar, dass wir auf unserer Fahrbahn ausweichen, um ihm Platz zu machen. Bereits in der ersten Stunde fahren wir an einem Unfall mit einem Toten vorbei. Wir beobachten viele Manöver, die nur mit Glück nicht in Unfällen enden. Nach rund drei Stunden Fahrt passiert auch uns ein kleiner Auffahrunfall, von dem wir unbeschadet davonkommen, die Transalp jedoch eine leicht eingedrückte Front einbüsst. Den Rest des Nachmittags verbringen wir in der Werkstatt in Thanh Hoa. Drei humorvolle Vietnamesen bringen unser Motorrad professionell wieder in Gang. Die Nacht bleiben wir nun halt ausserplanmässig ebenfalls in dieser Stadt und kommen so in den Genuss des fantastischen lokal gebrauten Biers, welches hier in einem kleinen Kanister automatisch mit der Essensbestellung auf den Tisch gestellt wird.

Die Strasse bedeutet hier mehr als Lärm und Staub – sie bedeutet auch Leben.

Neben negativen Eindrücken vom Highway 1 gab es auch anderes: Viele wichtige Ereignisse der Vietnamesen finden genau hier statt. So sind viele Häuser direkt an die Strasse gebaut, hier sind Läden, Restaurants und die vielen Cafes (oder Ca Phes wie es hier heisst). Hier trifft man sich und lässt sich vom Staub und Lärm der vorbeidonnernden Lastwagen nicht stören. Und noch mehr: mehrmals trafen wir einen Trauerzug auf dem Weg zur Beerdigung an – Kolonnen von Menschen mit weissen Stirnbändern, Musik und Klagen. Auch die Freude hat auf der Strasse Platz: Hochzeiten werden in farbigen Zelten direkt neben der Strasse gefeiert. An einem Tag fuhren wir an mindestens 5 Hochzeiten vorbei, wo gesungen (Karaoke), gelacht und gegessen wurde. Die Strasse bedeutet hier mehr als Lärm und Staub – sie bedeutet auch Leben.

Es lässt sich nicht vermeiden, am nächsten Tag noch einen weiteren Teil der Strecke auf dem Highway 1 zurückzulegen. Immer wieder kleine Pausen einzulegen hilft, konzentriert zu bleiben und so kommen wir relativ gut vorwärts. Auf einem Parkplatz werden wir spontan zu einem Tee in eine Garage eingeladen – schöne Begegnungen.

Wir sind froh, am Mittag auf eine sehr viel ruhigere Strasse abbiegen zu können. Auch die Landschaft verändert sich: Während der Highway 1 von Neubauten gesäumt ist, über deren architektonischen Wert man sich streiten kann, ist die Gegend hier eher landwirtschaftlich geprägt. Die gefluteten Reisfelder sind im Land mit dem höchsten Reisexport allgegenwärtig. Ab und zu steht ein Kälbchen verloren auf der Strasse, unsicher, in welche Richtung es bei nahendem Verkehr flüchten soll. In den Feldern waten Wasserbüffel, deren Hörner in einer solchen Vollendung geformt sind, als hätte der Wind sie geschliffen.

Bevor die Dunkelheit einbricht, suchen wir ein Plätzchen, wo wir unser Zelt aufstellen können. Das GPS zeigt in der Nähe ein Gewässer, also biegen wir ab. Etwas abseits vom Weg klettern wir über eine Böschung und trauen unseren Augen kaum: In absoluter Stille liegt im blauen Dunst der einbrechenden Dämmerung ein kleiner See vor uns, in dessen Tiefe sich die umliegende Natur perfekt spiegelt. Wir sind uns einig, hier den idealen Platz gefunden zu haben. Der freundliche Bauer, der weiter vorne am Weg wohnt, hat nichts gegen unsere Pläne, ebenso wenig die tausend ansässigen Mücken, die uns am Abend um die Ohren schwirren, jedoch nicht stechen. Mit dem Gemüse, das wir nachmittags auf dem Markt gekauft haben, entsteht ein feines Abendessen und mit dem Gesang der Grillen und Frösche kommt der Tag zu einem friedlichen Ende.

Gut erholt nehmen wir am Sonntagmorgen den letzten Teil der Strecke auf uns, die uns nach Hué bringen soll. Auf diese Strasse hatten wir uns gefreut, denn sie führt direkt durch den Phong Nha-Ke Bang National Park – ein Nationalpark der Superlative. Er beherbergt nicht nur das älteste Karstgebirge von Asien, sondern auch die längste Höhle der Welt sowie die grösste bisher entdeckte Höhle der Welt (für die Öffentlichkeit nicht zugänglich). Als uns nach 5 Minuten auf der Strasse noch kein Auto entgegengekommen ist, wissen wir, dass wir die Anstrengungen des Highway 1 definitiv hinter uns gelassen haben. Die Aussicht auf die Landschaft ist phänomenal. Flüsse, Berge, Täler – unglaublich schön. Mitte Nachmittag nähern wir uns Hué. Über eine schmale Landzunge, wo wir Einblick in einige Fischerdörfchen erhalten, erreichen wir schliesslich die Stadt.

Hué, die ehemalige königliche Hauptstadt von Vietnam, hat viel zu bieten. Wir besuchen die von einer grossen Mauer umgebene Zitadelle, wo bis 1945 der Herrscher der Nguyen-Dynastie residierte. Die riesige Anlage wurde während dem Vietnamkrieg fast vollständig zerstört und wird nun Stück für Stück wieder detailgetreu aufgebaut – teilweise klettert man über Ruinen, an anderen Orten sind Bauarbeiten in vollem Gange, während an wieder anderen Orten bereits die vollständig restaurierten Bauten besichtigt werden können. Eine spannende Mischung, die viele ansprechende Fotosujets bietet. Wir geniessen die ruhige Atmosphäre und die zum Teil fast menschenleeren Gebäude. Später spazieren wir zur Thien Mu Pagode, welche ausserhalb der Stadtmauern am Perfume River liegt. Die 7-stöckige Pagode und ihre umliegende Tempelanlage gefallen uns ebenfalls sehr.

Unsere nächste Station ist Hoi An, eine Stadt, welche nur knapp 150 km weiter südlich liegt.

Vietnam: On Highway 1 towards Hué

You can experience a lot on Highway 1. Joy and sadness, life and death are all close together here. On the way to Hué we get an insight into a street that is actually a legend and which - for better or for worse - you probably just need to experience once in a lifetime.

To avoid the worst morning rush hour in Hanoi, our trip starts early. This is how we manage to get out of the city (almost) without traffic jams. However, this does not reduce the challenges in traffic: We have been warned many times about Highway 1, the largest street in Vietnam, and these predictions have been confirmed by our experiences. Whoever put up signs that forbid overtaking here must have either been a hopeless optimist or a merciless cynic: the law of the strongest applies here, regardless of whose lane you are on. For the oncoming overtaking truck, it is clear that we will avoid our lane to make room for it. In the first hour we drive past an accident with a dead person. We observe many maneuvers that, only with luck, do not result in accidents. After about three hours of driving, a small rear-end collision also happens to us, from which we get away unscathed, but the Transalp suffers from a slightly dented front. We spend the rest of the afternoon in the workshop in Thanh Hoa. Three humorous Vietnamese professional mechanics get our motorcycle going again. We stay the night in this city and take the unforeseen opportunity to enjoy the fantastic locally brewed beer, which is automatically placed on the table in a small canister with the food order.

The street here means more than noise and dust - it also means life and community.

In addition to negative impressions from Highway 1, there were also other things: Many important events of the Vietnamese take place right here. So many houses are built directly on the street, here are shops, restaurants and the many cafes (or Ca Phes as it is called here). Here you meet and sit and talk and don't let the dust and noise of the passing trucks bother you. And even more: we encountered a funeral procession several times - lines of people with white headbands, music and chanting. There is also space for joy on the street: weddings are celebrated in colored tents right next to it. In one day we drove past at least 5 weddings, where they sang (karaoke), laughed and ate. The street here means more than noise and dust - it also means life and community.

Inevitably we have to cover another part of the route on Highway 1 the next day. Taking short breaks again and again helps to stay focused and so we get on relatively well. In a parking lot we are spontaneously invited for a tea in a garage - nice encounters.

We are happy to be able to turn onto a much quieter street at lunchtime. The landscape is also changing: While Highway 1 is lined with new buildings whose architectural value can be disputed, the area here is more agricultural. The flooded rice fields are omnipresent in the country with the highest rice export. Every now and then a calf is lost on the street, unsure of the direction in which it should escape when traffic is approaching. Water buffalos wade in the fields, the horns of which are shaped in such a perfection as if the wind had sculpted them.

Before darkness falls, we look for a place where we can put up our tent. The GPS shows a body of water nearby, so we turn. A bit off the path, we climb over an embankment and can hardly believe our eyes: In absolute silence, in the blue haze of dusk, a small lake lies in front of us, in the depth of which the surrounding nature is perfectly reflected. We agree that we have found the ideal place here. The friendly farmer, who lives further up the road, has nothing against our plans, nor does the thousand resident mosquitoes that buzz around our ears in the evening, but don't bite us. The vegetables we bought in the afternoon in the market make up for a delicious dinner and the song of the crickets and frogs brings the day to a peaceful end.

Well rested we embark on the last part of the route on Sunday morning, which eventually brings us to Hué. We have been looking forward to this road, because it leads directly through the Phong Nha-Ke Bang National Park - a national park of superlatives. It is home to not only the oldest karst mountains in Asia, but also the longest cave in the world and the largest cave discovered to date (not open to the public).When we realize that there hasn’t been a single car passing us since at least 5 minutes, we know that we have definitely left the challenges of Highway 1 behind us. The view of the landscape is phenomenal. Rivers, mountains, valleys - incredibly beautiful. In the middle of the afternoon we approach Hué. We finally reach the city via a narrow promontory, where we get an insight into some fishing villages.

Hué, the former royal capital of Vietnam, has a lot to offer. We visit the citadel, which is surrounded by a large wall, where the ruler of the Nguyen dynasty resided until 1945. The huge complex was almost completely destroyed during the Vietnam War and is now being rebuilt piece by piece in detail - sometimes you climb over ruins, in other places construction work is in full swing, while in other places the fully restored buildings can already be viewed. An exciting mix that offers many appealing photo subjects. We enjoy the calm atmosphere and the partly almost empty buildings. Later we walk to the Thien Mu Pagoda, which is outside the city walls on the Perfume River. We also really like the 7-storey pagoda and its surrounding temple complex.

Our next stop is Hoi An, a city just 150 km south.

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