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30.07.2015

USA: Über Washington nach Oregon

Die Vereinigten Staaten von Amerika, die USA oder für die Einheimischen schlicht und einfach Amerika ist das zweite Land, welches wir bereisen. Nach sechs Wochen kanadischer Freundlichkeit sind wir wohl etwas verwöhnt, bereits am Grenzübergang wird‘s kompliziert.

Wir haben das ESTA-Formular, welches so quasi ein Visa ist ohne dass man es Visa nennen darf, bereits im Vorfeld ausgefüllt. „Welcome to America“ hiess es auf dem Bildschirm. Als wir am besagten Morgen dann an der Grenze ankommen, realisieren wir schnell, dass das Ganze nicht ganz so einfach wird. Ich hoffe, lieber Leser liebe Leserin, dass ihr euch die Zeit nehmt, diesen zur Ausnahme ausführlichen Schilderungen vom Prozedere an der Grenze zu folgen. Zeitaufwand zum Lesen: 10min, Zeitaufwand in Realität: 3h.

Guten Mutes fahren wir südlich von Vancouver Richtung Grenzübergang. An einer Anzeige am Strassenrand steht: Voraussichtliche Wartezeit 20min. Das scheint übersichtlich. 5km später nun schon näher zur Grenze noch eine Anzeige: Voraussichtliche Wartezeit 40min. Auch noch ok. Wir treffen auf die Warteschlange. Ein pompöser grüner Garten umgibt die Strasse, gepflegt ist die USA-Flagge aus entsprechend farbigen Veilchen zusammengestellt, auf einem im klassizistischen Baustil errichteten Triumphbogen steht: Möge diese Grenze für immer offen sein, oder so ähnlich. Wir rollen zur Barriere. Mindestens ein halbes Dutzend Überwachungskameras sind auf uns gerichtet. Wir fühlen uns wie die Promis in Hollywood. Wir bekommen einen Zettel mit der Aufforderung, unsere Pässe im Büro abstempeln zu lassen. Alles klar. Das Büro, errichtet im bürokratisch pompösen kalten Stil der Moderne hat viel Glas in der Eingangshalle. Sofort fällt die Schlange wartender Menschen auf: Vielleicht hundert Asiaten, Afrikaner, Europäer, alle, die nicht auf den ersten Blick als weisse Amerikaner zu erkennen sind, stehen 12 Computerstationen zur Abfertigung gegenüber. Kurz überschlagen dürfte das wohl nicht länger als 20min gehen.

Diese Illusion zerplatzt relativ schnell. Erstens arbeiten die längste Zeit nur zwei Beamte, (und hier wird der Begriff arbeiten in seiner möglichst dehnbarsten Auslegung verwendet), nachdem ein Pass abgestempelt wurde, scheint eine Pause angebracht zu sein: Wasserflasche füllen, Facebook updaten – Ok, das ist jetzt eine Unterstellung und wir schweifen vom Thema ab.

Zwei Jugendliche haben vor allen Leuten Handschellen bekommen.

Geschlagene 1.5h stehen wir in dieser Schlange. Doch langweilig wird uns dabei nicht. Zum einen gibt es keine Privatsphäre: Die Schalter sind alle an einem grossen langen Tisch angeordnet und die Schlange beginnt direkt parallel zum Tisch. Unweigerlich schnappen wir Gesprächsfetzen auf, äusserst persönliche Fragen, welche die Grenzbeamten den Reisenden stellen. Plötzlich erklingt das aus etlichen Filmen bekannte metallische „Klick-Konzert“ quer durch die ganze Halle, und hier noch einmal. Zwei Jugendliche haben vor allen Leuten Handschellen bekommen. Einer ist jung, weisser Hautfarbe mit Bart, vielleicht kurz über 20, der andere schwarz und ähnlichen Alters. Kurze Nebenbemerkung: Mehrere Kanadier haben uns gewarnt, dass man mit Bart viel wahrscheinlicher herausgepickt wird als ohne, und der andere, nun ja, Racial Profiling halt. Beide werden theatralisch in einen Nebenraum abgeführt. Keine 10min später sind sie wieder in der Halle, nun wieder ohne die besagten Schmuckstücke. Verdutzt denken wir uns: Was soll das Ganze?

Langsam langsam bewegen wir uns nach vorne. Jetzt sind wir an der Reihe! Der Grenzbeamte, gut 30, wackerer Haarschnitt, streng gebügelte Uniform, vom Akzent her eher aus den Südstaaten kommend, nimmt unsere beide Pässe in die Hand und schaut sich jeden Stempel und jedes Visa einzeln an. Wir haben von beidem mehr als eines. Bei den beiden Iranischen Visas beginnt die Fragestunde. Schlussendlich legen wir einen detaillierten Reisebeschrieb ab. In Retroperspektive hätten wir einfach den Link zu diesem Blog angeben können... Die Fragestrategie bewegt sich mehrmals wieder auf die Dauer des Aufenthaltes im Lande zu: Wie lange sind wir in der USA? Wann gehen wir weiter nach Mexico? In wie vielen Tagen werden wir das Land wieder verlassen? Jawohl Sherlock, einen Monat, 30 Tage, vier Wochen. Immer wieder werden wir auf die Sitzbank verbannt, der Beamte muss wohl die Sache mit dem Vorgesetzten besprechen. Wie ein Journalist füllt er ein ganzes A4 Blatt mit Notizen. Undurchsichtig ist die Gemütshaltung, die Emotionen fehlen. Schlussendlich werden wir wieder für eine längere Zeit auf die Bank verbannt. Was kommt wohl jetzt? Getrenntes Verhör um unsere Antworten abzugleichen?

Als der Beamte wieder zurück kommt, schwenkt er unsere beide Pässe und wir bekommen doch noch schwungvoll einen weiteren Stempel verpasst - und wir haben dem bürokratischen Moloch erst noch einen Reisebeschrieb von zwei Globetrottern zu den Akten geben können. Nach so viel persönlicher Aufmerksamkeit und Interesse verabschieden wir uns und machen uns auf den Weg in dieses neue Land, „Home of the Brave, Land of the Free“, wie es in der Nationalhymne heisst.

Wir umfahren die beiden grossen Städte Seattle und Portland und haben nur ein Ziel im Kopf: Der Pazifik! Und wir werden nicht enttäuscht: Tagelang fahren wir auf schönsten Küstenstrassen, vorbei an kilometerlangen menschenleeren Stränden und durch kleine verschlafene Dörfer. Im Bundesstaat Washington regnet es immer, das haben wir gewusst und so ist es gekommen. Der Wald verändert sich in einen wunderschönen Regenwald, feuchtes Moos wächst an den Riesenbäumen hoch, Bäche und Flüsse gibt es jede Menge. Wir zelten trotz des Regens und staunen, dass es zum Teil unter diesen riesigen Bäume selbst nach tagelangem Regen immer noch komplett trocken ist.

Die Küste von Oregon ist schlicht und einfach spektakulär.

Die Küste von Oregon ist schlicht und einfach spektakulär. Hinter jeder Kurve könnte man anhalten und ein Foto machen, was wir zuerst auch machen aber schnell realisieren, dass das ja noch 1‘500km so weiter geht. Heureka Kalifornien, wir haben dich gefunden! Wir fahren durch die berühmten Redwoods: Die Zedern sind atemberaubend riesig und zum Teil über 2000 Jahre alt. Eine Nebenstrasse führt direkt durch den Wald. Im Inland wird es nun auch schon richtig heiss: Mit wohl gegen 35°C tagsüber denken wir an Neufundland zurück. Die kühle Meeresbrise macht die Temperatur an der Küste aber sehr komfortabel. Kein Wunder liegt doch die Wassertemperatur des Pazifiks bei etwa 12°, die mutigen Surfer wagen sich da auch nur mit einem Neoprenanzug ins Wasser.

In der USA scheint das Privateigentum wichtig über alles zu sein. Alle kleinen Seitenwege sind mit einem Tor abgeriegelt, bei jeder Hauszufahrt prangen mehrere Schilder mit roter Schrift auf schwarzem Hintergrund, auf keinen Fall näher zu treten oder der Hund wird auf einem losgejagt. „Keep out!“ „No Trespassing!“ „Be aware of dog!“ Dies macht unsere in Kanada perfektionierte Kunst des inoffiziellen Campingplatzsuchens zu einem Ding der Unmöglichkeit. Wir müssen auf Alternativen ausweichen, wo man für viel Geld wenig bekommt.

So schlängeln wir uns immer Richtung Süden nach San Francisco weiter, wo das ultimative Couchsurfing Erlebnis auf uns wartet! Aber davon später.

USA: Via Washington to Oregon

The United States of America, the USA or, for the locals, simply America, is the second country we travel to. After six weeks of Canadian friendliness we are a bit spoiled, already at the border crossing it gets complicated.

We have already filled out the ESTA form, which is like a visa without being allowed to be called a visa, in advance. "Welcome to America" it said on the screen. But when we arrive at the border that morning, we quickly realize that the whole thing will not be that easy. I hope, dear reader, that you will take the time to follow these detailed descriptions of the procedure at the border. Time required to read: 10min, time required in reality: 3h.

In good spirits we drive south of Vancouver towards the border crossing. A display on the side of the road says: Expected waiting time 20 minutes. That seems feasible. 5km later, closer to the border, another display: Expected waiting time 40min. Still ok. We hit the queue. A pompous green garden surrounds the street, the USA flag is neatly composed of appropriately colored violets, and on a triumphal arch built in the classicist architectural style it says: May this border be open forever, or something like that. We roll to the barrier. At least half a dozen surveillance cameras are pointed at us. We feel like celebrities in Hollywood. We get a slip of paper asking us to have our passports stamped in the office. All right. The office, built in the bureaucratically pompous cold style of modernism, has a lot of glass in the entrance hall. There's a long line of people waiting: Perhaps a hundred Asians, Africans, Europeans, everyone who cannot be recognized as white Americans at first glance, are facing 12 computer stations for processing. We suspect this process will probably not take longer than 20 minutes.

But it is an illusion. Firstly, only two of the officers actually work on the processes (and here the term work is used in its most flexible interpretation) - after a passport has been stamped, a break seems appropriate: filling the water bottle, updating Facebook - Ok, that is now an insinuation and we digress from the subject.

Two teenagers are being handcuffed in front of everyone.

We stand in this line for 1.5 hours. But we don't get bored. On the one hand, there is no privacy: the counters are all arranged on a large, long table and the queue starts parallel to the table. We inevitably pick up fragments of conversations, extremely personal questions that the border guards ask the travelers. Suddenly the metallic "click concert" known from the movies can be heard across the whole hall, once and twice. Two teenagers are being handcuffed in front of everyone. One is young, white skin with a beard, maybe just over 20, the other black and of similar age. As a side note: Several Canadians have warned us that with a beard one is far more likely to be controlled than without, and the other teenager, well, we guess it's racial profiling. Both are theatrically led into an adjoining room. Less than 10 minutes later they are back in the hall, now without the said handcuffs. We think puzzled: What was the point in that?

Slowly slowly we move forward. Now it's our turn! The border official, in his 30ies, short haircut, strictly ironed uniform, with an accent coming from the southern states, picks up both of our passports and looks at each stamp and visa individually. We have more than one of the two, as you may know. The questions begin when he sees the two Iranian visas. Finally, we file a detailed travel description. In retrospect we could have simply given the link to this blog ... The question strategy moves several times back to the duration of the stay in the country: How long will we be in the USA? When will we go on to Mexico? In how many days will we leave the country again? Yes, Sherlock, a month, 30 days, four weeks. Again and again we are sent back to the bench to wait, the officer must probably discuss the matter with the superior. Like a journalist, he fills an entire A4 sheet of paper with notes. It seems unclear where this is going, his mood not easy to decipher, the emotions are absent. In the end we are relegated to the bench again for a longer period of time. What's next? Separate interrogation to compare our answers?

When the officer comes back, he waves both of our passports and we finally get the required stamp. After so much personal attention and interest, we say goodbye and set off for this new country, “Home of the Brave, Land of the Free”, as the national anthem says.

We drive around the two big cities Seattle and Portland and have only one goal in mind: the Pacific! And we are not disappointed: For days we drive on the most beautiful coastal roads, past miles of deserted beaches and through small sleepy villages. It always rains in Washington State, we knew that before, and that's how it happened. The forest changes into a beautiful rainforest, moist moss grows high on the giant trees, and there are plenty of streams and rivers. We camp despite the rain and are amazed that it is still completely dry under these huge trees even after days of rain.

The Oregon coast is simply spectacular.

The Oregon coast is simply spectacular. You could stop around every bend and take a photo, which we do first, but quickly realize that it goes on for 1,500 km. Eureka California, we found you! We drive through the famous redwoods: the cedars are breathtakingly huge and some are over 2000 years old. A side street leads directly through the forest. Inland it is getting really hot: With probably around 35°c during the day, we think back to Newfoundland. The cool sea breeze makes the temperature on the coast very comfortable though. No wonder the water temperature of the Pacific is around 12°c, even the brave surfers only dare to go into the water with a wetsuit.

In the US, private property seems to be important above everything. All small side ways are blocked off with a gate, at each house entrance there are several signs with red letters on black background, under no circumstances should you step closer or the dog will be released "Keep out!" "No Trespassing!" "Be aware of dog!". The art of finding inofficial spots for camping that we have cultivated so well in Canada, is of no use here. We have to switch to alternatives where you get little space for a lot of money.

So we meander south to San Francisco, where the ultimate couchsurfing experience is waiting for us! But more about that in our next blogpost.

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