header_39

17.12.2015

Argentinien: Schwieriger Start

„Señor, wir sind seit 26 Stunden hier an der Grenze! Verstehen Sie, dass wir nun wirklich langsam die Geduld verlieren!“ Wie wir in diese Situation reingeraten sind und ob uns Argentinien schlussendlich doch noch aufgenommen hat, erfahrt ihr in diesem Bericht.

Guten Mutes fahren wir an die Grenze von Bolivien zu Argentinien. 10 Minuten Anstehen fürs Ausstempeln in Bolivien, 10 Minuten für den Einreisestempel nach Argentinien. Nun nur noch kurz die Formalitäten für das Motorrad. Doch hier fängt der Schlamassel an. Zuerst ist der Argentinische Beamte am Mittagessen, danach will er unsere Versicherung partout nicht gelten lassen. Meist ist dies mit einer einfachen lokalen Versicherung zu lösen ist, die neben dem Zoll zu kaufen ist. Nicht so hier: Wir müssen in die Grenzstadt zum entsprechenden Büro gehen. Dort angekommen stellen wir aber fest, dass dieses am Sonntag geschlossen ist. Zurück zum Zoll, doch das Kopfschütteln des Beamten ist definitiv. Wir könnten es ja im Internet versuchen, meint er. Also traben wir wieder los, diesmal zurück nach Bolivien, ins Internetcafe in der Nähe. Also zuerst Bolivianos zurückwechseln, dann fieberhaft googeln. Doch auch zehn Minuten später wird die Webseite noch nicht geladen, bolivianisches Internet, es ist zum Verrückt werden! Wir eilen wieder an den Zoll, uns ist nicht wohl dabei, dass unser Motorrad dort mit allem Gepäck unbewacht steht. Enttäuscht sehen wir ein, dass wir wohl die Grenze nicht mehr am selben Tag passieren werden. Den restlichen Abend verbringen wir im besagten Internetcafe, welches dann doch noch die richtige Seite ausspuckt, doch auf Seite 3 hört das Versicherungsformular auf. Wir geben auf, schliesslich soll am folgenden Tag das Büro wieder offen sein. Dass es etwas schwieriger wird, ahnen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Nach ein paar Stunden Schlaf in einem simplen Hotel in Bolivien - illegalerweise, da wir ja eigentlich bereits ausgestempelt sind - stehen wir mit kleinen Augen und besorgter Miene wieder an der Grenze. Der Grenzpolizist will uns schon in die Schlange weisen, lässt dann aber unsere umständliche Erklärung gelten. Beim Versicherungsbüro angekommen, landen wir vor verschlossener Tür. Die anderen Wartenden sagen uns, es komme bald jemand. Froh, nun am richtigen Ort zu sein, erklären wir der Versicherungsdame eine Stunde später, was wir brauchen. Doch unsere Hoffnung wird zerschlagen. „Es können hier keine Versicherungen für internationale Fahrzeuge ausgestellt werden“, teilt sie uns knapp mit. Wir sollten doch bei der Polizei nachfragen. Ob es denn kein anderes Versicherungsbüro gebe, wollen wir wissen. Nein. Mit hängenden Köpfen verlassen wir das Büro und suchen den Polizeiposten. Dort treffen unsere Fragen nur auf verständnisloses Kopfschütteln. Was bitte schön soll die Polizei damit zu tun haben? Das sei Aufgabe des Zolles. Das Gesicht des untersetzten Polizisten ist zwar freundlich, doch verschliesst sich augenblicklich, als er merkt, dass wir zu einem neuen Frageversuch ansetzen. „Ich kann euch nicht helfen“. Der Aktenstapel aus seiner Hand knallt auf den Tisch, wir wenden uns zum Gehen. Draussen schauen wir uns schweigend an. Ist es das nun gewesen mit Argentinien? Werden tatsächlich keine Versicherungen für internationale Fahrzeuge ausgestellt und wir folglich nicht ins Land gelassen? Aber wie um Himmels Willen sind dann all unsere Reisefreunde in das Land eingereist? In einem Restaurant wollen wir im Internet nachforschen, doch die Verbindung ist just in diesem Moment unterbrochen.

„Ich kann euch nicht helfen“. Der Aktenstapel knallt auf den Tisch.

Wir kehren nochmals zurück zum Versicherungsbüro, wollen sicherstellen, dass wir die Frau richtig verstanden haben. Sie bestätigt das Gesagte nachdrücklich und weist uns auf die nächsten Kunden hin, die schon von einem Bein aufs andere treten. Offensichtlich will sie uns loswerden. Still und mit dem Kopf voll wirrer Gedanken kehren wir zum Zoll zurück. Hier erfahren wir dann, dass es mehrere Versicherungsbüros gibt. Warum die Zollbeamten nicht wissen, welches Büro welche Versicherung ausstellt und warum es keine Liste mit Adressen von diesen gibt, bleibt in den ungeschriebenen Gesetzen der Bürokratie verschleiert. Also eilen wir zum vierten Mal los. Im Büro angekommen, fragen wir nach der gewünschten Versicherung. „Claro“ kommt die Antwort. Mit etwas Druck halten wir die Formulare bereits nach 3 Stunden, statt wie zuerst angegebenen 5 Stunden in den Händen (davon geht die letzte Stunde dafür drauf, auf 4 verschiedenen Druckern zu versuchen, die Formulare auszudrucken). Es ist inzwischen halb drei Uhr nachmittags. Alles kommt gut! Jubelt es in unseren Köpfen. Zurück am Zoll sind die Beamten natürlich am Mittagessen. Wir warten eine weitere Stunde. Dann endlich werden unsere Dokumente ausgestellt. Aber halt! Nun haben ja unsere Pässe ein anderes Datum als unser Motorrad! Niemand weiss, ob das überhaupt geht. Der Chef muss her! Wir warten eine weitere halbe Stunde. Schliesslich bekommen wir die Pässe zurück, niemand sagt uns, was nun ist. Wir fragen nach. Aus welchen Gründen auch immer, wir müssen nochmals alle Stempel haben. Es ist schon nach vier Uhr. Als uns die Beamten dann auch noch weismachen wollen, wir müssten nun noch alle unsere Gepäckstücke vom Motorrad abnehmen und einzeln röntgen lassen, winken wir ab. „Señor, wir sind seit 26 Stunden an der Grenze! Verstehen Sie, dass wir nun wirklich langsam die Geduld verlieren!“ Wir nützen den Moment der Überraschung oder auch des Mitgefühls der Beamten und brausen los. Hola Argentina! Die nächsten paar Stunden warten wir noch darauf, dass plötzlich ein Polizeiauto auftaucht und nachträglich unser Gepäck scannt - doch nichts passiert.

Wir fahren nicht mehr weit und suchen bald einmal nach einem Plätzchen zum Übernachten. Wenig später sitzen wir auf unseren Seitenkoffern vor dem Zelt und schauen der späten Abendsonne beim Untergehen im weiten Tal zu. Kopfschüttelnd denken wir über die letzten paar Tage nach, die Salzwüste, die anstrengende Fahrt im letzten Teil Boliviens, und dann noch dieser Grenzübergang obendrauf. Doch der Groll über die Bürokratie und die damit verbundenen Kopfschmerzen sind schon fast vergangen und im Hinterkopf ahnen wir bereits, dass dies eine neue Geschichte ist, die von nun an mit „Weisch no...“ beginnen wird.

Die Dörfer haben einen Dorfkern, eine Stadtplanung und Platz für die Allgemeinheit, zum Beispiel Pärke.

Als wolle uns die Natur für den schwierigen Start in Argentinien entschädigen, bricht am nächsten Tag ein herrlicher Morgen an, der ein atemberaubendes Spektakel für uns bereithält. Vorerst staunen wir über kleines, das uns - von Bolivien kommend - ins Auge sticht. In Bolivien wie auch in Peru sieht man beispielsweise selten ein fertiges Haus. Auf allen Dächern ragen Armierungseisen heraus, schliesslich könnte irgendwann mal genügend Geld oder genügend Enkelkinder vorhanden sein, noch einen Stock draufzubauen. Die Häuser leben mit den Familien. Bauen, Weiterbauen, Umbauen, wieder etwas abreissen, selten sahen wir so viele Ruinen wie in Peru und Bolivien. „Es ist halt etwas dazwischengekommen“, scheinen sie schuldbewusst aus ihren leeren Fensteraugen zu sagen. „Vielleicht gehts nächstes Jahr weiter. Vielleicht auch nie mehr.“ Im Gegensatz dazu, begegnen uns in Argentinien fertige Häuser, manche simpel, manche luxuriös. Die Dörfer haben einen Dorfkern, eine Stadtplanung und Platz für die Allgemeinheit, zum Beispiel Pärke. Dazu fehlt in den vorangehenden Ländern wohl oft schlicht das Geld. Wir finden aber neben viel Neuem in Argentinien aber auch Altbekanntes. So ist der Norden noch stark beeinflusst von der Andenkultur. Ausdruck dessen sind z.B. die vielen Artesania-Läden (Handwerksläden), welche die typisch farbigen Andenken verkaufen.

Während wir gedankenverloren durch die Dörfer fahren, fallen uns die weissen Schmetterlinge in den Büschen auf. Es werden mehr und mehr und bald kann man sie nicht mehr ignorieren. Sie sind überall! Immer wieder müssen wir anhalten und die riesigen Schwärme bestaunen. Wie Blütenblätter segeln sie durch die Luft, werden vom Wind getragen. Ist denn schon weisse Weihnacht? Fragen wir uns, lachen und staunen noch etwas mehr. Noch nie haben wir so etwas gesehen! Die Fahrt nach Salta dauert schlussendlich fast doppelt so lange wie angenommen, schlicht aus dem Grund, dass wir aus dem Staunen nicht mehr rauskommen. Um euch etwas daran teilhaben zu lassen, haben wir euch einen kleinen Film zusammengeschnitten.

Salta bietet genau die Entspannung, die wir nach so aufregenden Tagen brauchen. Wir ziehen durch die belebten Strassen, bewundern die zahlreichen Kolonialbauten, trinken Kaffee und beobachten dazu die vor dem Fenster vorbeiziehenden Menschen. Keine traditionellen Trachten sind mehr zu sehen. Hier trägt wieder jedes Individuum seine eigens zusammengestellte „Tracht“ zur Schau, wie es auch in Europa der Fall ist. Abends kochen wir in der Gemeinschaftsküche des Hotels feine Menüs, passend dazu der wunderbare Wein der Region, der hier gefährlicherweise nur einen Bruchteil dessen kostet, was wir zu Hause dafür ausgeben (in Worten: 4 bis 6 Franken).

Argentina: Difficult Start

"Señor, we've been here at the border for 26 hours! Please understand that we are really losing patience!"" How we got into this situation and whether Argentina finally let us in - find it out in this blogpost.

In good spirits, we drive to the border between Bolivia and Argentina. 10 minutes waiting in line for the stamp in Bolivia, 10 minutes for the entry stamp to Argentina. Now let us just briefly go over the formalities for the motorcycle, so we think. But this is where the mess starts. First, the Argentine civil servant is at lunch, then he doesn't accept our insurance papers. This can usually be solved with a simple local insurance policy that can be purchased next to the customs office. Not so here: We have to go to the appropriate office in the border town. Once there, however, we find that it is closed on Sunday. Back to customs, but the official's head shake is definitive. We could try it on the internet, he says. So we trot off again, this time back to Bolivia, to the internet cafe nearby. So, first, we have to change back Bolivianos, then google feverishly. But even ten minutes later the website won't load, Bolivian Internet, it's crazy! We rush back to customs, we are not comfortable with our motorcycle and all our luggage standing there unguarded. We are disappointed to see that we will probably not cross the border on the same day. We spend the rest of the evening in said internet cafe, which then spits out the correct page, but the insurance form ends on page 3. We give up, after all, the office should be open again the following day. At this point we have no idea that it will be a little more difficult than this.

After a few hours of sleep in a simple hotel in Bolivia - illegally, since we are actually already stamped out from this country - we are back at the border with small eyes and a worried expression. The border policeman wants to show us into the queue, but then accepts our cumbersome explanation. When we arrive at the insurance office, we end up in front of a locked door. The other people waiting tell us that someone will be coming soon. Glad to be in the right place now, we explain to the insurance lady what we need an hour later. But our hope is shattered. "We cannot issue insurance for international vehicles here," she tells us briefly. We should check with the police. We want to know whether there is no other insurance office. No. We leave the office with hanging heads and look for the police station. There, our questions are met with uncomprehending shaking of the head. What should the police have to do with this? Issuing these papers is the duty of customs. The face of the policeman is friendly, but immediately takes on an impatient expression when he notices that we are about to try another question. "I can't help you". The pile of files from his hand slams onto the table, we turn to leave. Outside, we look at each other in silence. Is that it with Argentina? Are there really no insurance policies issued for international vehicles and are we therefore not allowed into the country? But how on earth did all of our travel buddies get into the country? We want to do some research on the Internet in a restaurant, but the connection is interrupted at this very moment.

"I can't help you". The pile of files slams onto the table.

We go back to the insurance office again, want to make sure that we have understood the woman correctly. She emphatically confirms what has been said and points us to the next customers who are already stepping from one leg to the other. Obviously she wants to get rid of us. We return to customs quietly and with our heads full of confused thoughts. Here, we then learn that there are in fact several insurance offices. Why the customs officials do not know which office issues which insurance and why there is no list of addresses of these remains obscured in the unwritten laws of bureaucracy. So we rush off for the fourth time. When we arrive at the office, we ask for the insurance that we want. "Claro" is the answer. With a little pressure, we hold the forms in our hands after 3 hours, instead of 5 like indicated in the beginning (of which the last hour is spent trying to print the forms on 4 different printers). It is now two thirty in the afternoon. Everything is going well! We cheer. Back at customs, of course, the officers are at lunch. We wait for another hour. Then finally our documents can be issued. But stop! Now our passports have a different date than our motorcycle! Nobody knows whether this is even possible. The boss needs to check that out! We wait another half hour. Finally we get the passports back, nobody tells us what is happening now. We ask. Whatever the reason, we have to have all the stamps again. It's already after four o'clock. When the officers try to make us believe that we now also have to remove all of our luggage from the motorcycle and have it X-rayed individually, we wave it off. "Señor, we've been at the border for 26 hours! Understand that we are really losing patience now!" We use the moment of surprise or even the sympathy of the officials and dash off. Hola Argentina! For the next couple of hours we wait for a police car to suddenly appear, still wanting to scan our luggage - but nothing happens.

WWe don't go far anymore and soon look for a place to stay. A little later we sit on our suitcases in front of the tent and watch the late evening sun go down in the wide valley. Shaking our heads we think about the last few days, the salt desert, the exhausting drive in the last part of Bolivia, and then this border crossing on top of that. But the resentment about the bureaucracy and the associated headaches are almost gone and in the back of our minds we already suspect that this is a new story that from now on will begin with "Weisch no ..."("Do you remember that time…?")

The villages have a center, and space for the general public, for example parks are available.

As if nature wanted to compensate us for the difficult start in Argentina, a glorious morning breaks the next day, which has a breathtaking spectacle in store for us. For now we are amazed by little things that catch our eyes. In Bolivia and Peru, for example, you rarely see a finished house. Reinforcing iron protrudes from all the roofs, after all, at some point there might be enough money or enough grandchildren to add another floor. Building, continuing to build, remodeling, tearing down something again, we rarely saw so many ruins as in Peru and Bolivia. “Something just got in the way,” they seem to say guiltily out of their empty window eyes. "Maybe construction will continue next year. Perhaps never again." In contrast, in Argentina we encounter finished houses, some simple, some luxurious. The villages have a village center, and space for the general public, for example parks, are available. In the preceding countries, there is often simply a lack of money for this. In addition to a lot of new things in Argentina, we also find well-known things. The north is still strongly influenced by the Andean culture. Expressions of this are e.g. the many Artesania shops (handicraft shops) that sell the typical colored souvenirs.

As we drive through the villages lost in thought, we notice the white butterflies in the bushes. There are more and more and soon we can no longer ignore them. They are everywhere! Again and again we have to stop and marvel at the huge swarms. They sail through the air like petals, carried by the wind. Is it already white Christmas? We laugh and are amazed. We have never seen anything like it! In the end, the drive to Salta takes almost twice as long as expected, simply for the reason that we cannot stop being amazed. In order to let you be part of it, we put together a short video clip for you.

Salta offers exactly the relaxation we need after such exciting days. We walk through the lively streets, admire the numerous colonial buildings, drink coffee and watch the people passing by in front of the windows. There are no more traditional costumes to be seen. Here again, each individual wears his or her own personally composed “costume”, as is also the case in Europe. In the evenings, we cook in the hotel's communal kitchen, accompanied by the wonderful wine of the region, which dangerously costs only a fraction of what we spend at home (in words: 4 to 6 francs).

logo small
play
logo small
01
02
03
04
05
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
logo small
play
←   zurück ←   back
nav_left_icon
↑   nach oben   ↑ ↑   to top   ↑
nav_up_icon
weiter   → next   →
nav_right_icon