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12.03.2013

Indien: Steil hinauf nach Darjeeling

Effizienz und indischen Bürokratie in einem Satz positiv zu vereinigen ist unmöglich. Nach weiteren langen Wartezeiten schaffen wir es doch endlich am späten Freitagabend, unser Motorrad aus dem Zoll zu bekommen. In den darauf folgenden zwei Tagen fahren wir in Richtung Norden in die charmante Bergstadt Darjeeling.

Es wird Freitagmorgen bis wir in Richtung Hafen fahren können. Morgen bedeutet in der indischen Zeitrechnung in etwa 12:00 Mittags. Entsprechend ist das Zeitfenster klein, um sich mit den Zollbehörden herumschlagen zu können. Das Hafengelände ist riesig, Container an Container säumen gestapelt die Strasse. Mit dem Carnet de Passages, das notwendige internationale Zolldokument, das alle Daten zu unserem Motorrad enthält, sollte das ganze Verfahren eigentlich einfach sein. Das einzige was es braucht ist ein Stempel und eine Unterschrift und unser Motorrad wäre für eine bestimmte Zeitspanne temporär importiert. Man erkenne den Konjunktiv. Wir warten erneut den ganzen Nachmittag. Drei bis viermal kommen wichtig aussehende Zollbeamte vorbei und kontrollieren das Motor- und das Fahrgestellnumero - jawohl, es hat sich immer noch nichts geändert. Es ist bereits dunkel, bis wir es endlich geschafft haben: Wir sind raus aus dem Hafen und im Gewimmel von den Strassen Kalkuttas, natürlich unterdessen im Feierabendverkehr. Etwas muss man wissen über die Strassen von Kalkutta: Um etwa 13:00 ändert sich bei den meisten Einbahnstrassen die erlaubte Fahrtrichtung. Am Morgen müssen die Leute ins Stadtzentrum und am Abend wieder raus, das ist ja schon klar, aber entsprechend können wir unser GPS nur nutzen, um die Orientierung zu behalten. Geschlagene zwei Stunden kurven wir durch die Strassen, am Schluss fahren wir einfach in die Einbahnstrasse rein und kommen so endlich zu unserem Hotel zurück. Unser wohlverdientes Gipfelbier zu trinken, ist das letzte was wir an diesem Tag noch machen.

Das Gesetz des Stärkeren wird hier gnadenlos ausgespielt, besonders die Bus- und Lastwagenfahrer gehen bewusst über Leichen nur um ein wenig schneller zu sein.

Samstag, 05:30 am Morgen geht es endlich los: Vollgepackt machen wir uns auf in Richtung Norden. Die Fahrtrichtung der meisten Strassen hat sich unterdessen natürlich wieder gedreht und so verfahren wir uns erneut hoffnungslos. Auf der anderen Seite der Stadt als ursprünglich geplant kommen wir endlich raus. Das Prinzip haben wir nicht verstanden. Nach einem kurzen Abschnitt Highway biegen wir ins Hinterland ab und kurven durch wunderschöne kleine Dörfer. Entlang von Reisfeldern und kleinen Wäldern bekommen wir einen Einblick in ein anderes Indien. Regellos aber Rücksichtsvoll scheint die Devise auf der Strasse hier zu sein. Der Belag jedoch wird immer schlechter und wir suchen unser Glück auf der Hauptstrasse. Hier herrscht das pure Gegenteil: Das Gesetz des Stärkeren wird hier gnadenlos ausgespielt, besonders die Bus- und Lastwagenfahrer gehen bewusst über Leichen nur um ein wenig schneller zu sein. Mehrmals bleiben uns nur noch eine Vollbremsung und ein Ausweichmanöver in den Staub neben der Strasse übrig, um nicht von einem auf unsere Seite ausweichenden überholenden Lastwagen frontal erwischt zu werden. Dazu kommt, dass die Strasse eher noch schlechter ist als im Hinterland, entsprechend kommen wir nur langsam vorwärts. Die Nacht verbringen wir in einer Absteige irgendwo in einem Kaff entlang der Strasse. Am nächsten Morgen geht’s etwa ähnlich weiter, nur dass die Strasse an einigen Orten bereits erneuert wurde. Am Mittag erreichen wir dann wieder den Highway und kommen so schnell nach Shiliguri, die Stadt im Norden von Indien. Von dort an wird es interessant: Über eine Passstrasse fahren wir 2‘500 Höhenmeter hinauf in die Ausläufer des Himalayas. In einem Dorf erfahren wir, dass ein Erdrutsch die Strasse weggefegt hat und wir müssen einen kleinen Seitenweg nehmen. Eigentlich eine Abkürzung, ist die enge Strasse jedoch unglaublich steil. Der Weissenstein, wohl eine der steilsten Passstrassen der Schweiz, ist da ein Nasenwasser dagegen. Die Transalp kommt schön ins schnaufen, bringt uns aber widerspruchslos hinauf in das Städtchen Darjeeling.

Bereits unterwegs bemerken wir, dass sich die Gesichter und die Hautfarbe der Leute verändern: Viele Leute hier kommen ursprünglich aus Nepal oder sind Flüchtlinge aus dem nahen Tibet. Entsprechend vielfältig ist das Strassenbild. Auch aus religiöser Sicht sieht man hier alles: Hinduistische Gottheiten neben im Winde wehenden Gebetsfahnen sieht man hier ebenso wie traditionell muslimische gekleidete Leute und „Jesus Loves You“ Aufkleber an den Autos. Darjeeling ist steil in den Hang gebaut, die engen Strassen winden sich durch die Häuserketten. Die Bergluft ist frisch und kalt, jedoch ist die Sicht in den ersten Tagen durch Dunst eingeschränkt. Wir spazieren durch die Strassen, trinken jede Menge Tee und geniessen die angenehme Atmosphäre dieser Bergstadt. Am Dienstagmorgen geschieht dann die Sensation: Der Dunst lichtet sich und wir haben freie Sicht auf mehrere tief verschneite 8‘000er Gipfel von Nepal und Tibet und sehen sogar bis zu den Bergen von Bhutan. Kurze Zeit später steigt der Dunst wieder und das Spektakel ist vorbei.

Morgen Mittwoch geht es für uns bereits wieder weiter. Vorerst verlassen wir Indien und ein neues Land wartet auf uns: Nepal. Wir sind gespannt auf eine neue Kultur, einen kleinen Einblick haben wir ja hier in Darjeeling bereits gewonnen.

India: The steep Road to Darjeeling

It is impossible to positively combine efficiency and Indian bureaucracy in one sentence. After long waiting times, we finally manage to get our motorcycle out of customs late on Friday evening. In the following two days we drive north to the charming mountain town of Darjeeling.

It is Friday morning when we can finally drive to the port. In the Indian understanding, “morning” means around 12:00 noon. Subsequently, the time frame to deal with the customs authorities is pretty small. The port area is huge, containers stacked on containers line the street. With the Carnet de Passages, the necessary international customs document that contains all the data about our motorcycle, the whole process should actually be easy. The only thing that is needed is a stamp and a signature and our motorcycle would be temporarily imported for a certain period of time. Please note the subjunctive. In reality, we wait again all afternoon. Important-looking customs officers come by three or four times and check the engine and chassis numbers – yes, it’s still the same, nothing has changed in the last 5 minutes. It is already dark until we finally made it: We are out of the port and in the bustle of the streets of Calcutta, now, of course, in the evening rush hour. You have to know something about the streets of Calcutta: At around 1:00 p.m., the direction of travel on most one-way streets changes. People have to go to the city center in the morning and out again in the evening. That makes sense, but also means that our GPS is in this case pretty much useless. We curve through the streets for a full two hours, at the end we simply drive into the one-way street and finally make it back to our hotel. Drinking a well-deserved celebratory beer is the last thing we do that day.

The law of the strongest is mercilessly played out here, especially the bus and truck drivers deliberately risk lives just to be a little faster.

Saturday, 05:30 in the morning we can finally leave Calcutta: reunited with all our things we head north. In the meantime, the direction of travel of most of the roads has of course changed again and so we get lost again hopelessly. On the other side of town than originally planned, we're finally leaving the city. After a short stretch of highway we turn into the hinterland and curve through beautiful little villages. Along rice fields and small forests we get an insight into another India. People seem to drive without rules, but at least with respect for each other. The quality of the roads is getting worse and worse though and we try our luck on the main road. The opposite is true here: the law of the strongest is mercilessly played out here, especially the bus and truck drivers deliberately risk lives just to be a little faster. Several times we have to brake hard and take an evasive maneuver in the dust next to the road, in order not to be caught head-on by an overtaking truck that uses our side of the street. In addition, the road is even worse than in the hinterland, so we are making slow progress. We spend the night in a no-name place somewhere in a small town along the street. The next morning continues in a similar way, only that the road has already been renewed in some places. At noon we reach the highway again and quickly get to Shiliguri, the city in the north of India. From there on, things get really interesting: We drive 2,500 meters up a mountain pass into the foothills of the Himalayas. In a village we learn that a landslide has swept away the road and we have to take a small side path. Actually a shortcut, the narrow road is incredibly steep. The Weissenstein, probably one of the steepest pass roads in Switzerland, is not even comparable to this street. The Transalp groans, but brings us up to the town of Darjeeling without further problems.

Already on the way we notice that people's faces and skin color are changing: Many people here are originally from Nepal or are refugees from nearby Tibet. The street scene is correspondingly diverse. From a religious point of view you can also see everything here: Hindu deities next to prayer flags waving in the wind as well as traditionally Muslim dressed people and "Jesus Loves You" stickers on the cars. Darjeeling is built steeply into the slope, the narrow streets wind between the rows of houses. The mountain air is fresh and cold, but visibility is restricted by haze in the first few days. We walk through the streets, drink lots of tea and enjoy the pleasant atmosphere of this mountain town. Then on Tuesday morning the sensation happens: The haze clears and we have a clear view of several snow-covered 8,000m peaks of Nepal and Tibet and even see as far as the mountains of Bhutan. A short time later the haze rises again and the spectacle is over.

Tomorrow, Wednesday, we will continue. For now we are leaving India and a new country is waiting for us: Nepal. We are excited about a new culture, of which we could already gain a little insight here in Darjeeling.

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